Das Internet
Das Internet hat sich für den „normalen“ Briefmarkensammler zum wichtigsten Lieferanten von
Sammlermarken entwickelt. Auch für den, der sich heute noch davor scheut. Nur Mut, es ist
alles nur Gewohnheitssache.
Und ich denke, daß es auch kaum eine andere Möglichkeit gibt, aus einem so gewaltigen,
zugegeben auch mehr als durchwachsenen Angebot auszuwählen zu können. Bei ebay.de z.B.
finden wöchentlich annähernd 700.000 Briefmarkenauktionen statt, allein für Berlin sind es
zwischen 50.000 und 60.000.
Der erste gewichtige Grund dafür, seine Briefmarken bei Auktionen im Internet einzukaufen ist
der, daß dort überwiegend die Preise bezahlt werden, die wohl dem tatsächlichen Sammlerwert
am nächsten kommen – und diese Preise liegen Welten unter denen, die der
Briefmarkenhandel fordert. Die Folge ist logischerweise, daß sich der Sammler einigermaßen
sicher sein kann, daß er irgendwann seinen Kapitaleinsatz, vielleicht auch mehr, wieder
herausbekommt.
Anfang 2011 wurden bei ebay die drei letzten Jahrgänge von Berlin, jeweils komplett, also inkl.
C- und D-Werte, als postfrische Einzelmarken versteigert:
Der Jahrgang 1988, ehemaliger Postpreis € 16,56 + Zuschläge vieler Zuschlagsmarken, Michel-
Katalogpreis € 74,70 wurde für € 7,49 verkauft. Das sind rund 55 % unter Neupreis und rund 10
% vom Michel.
Der Jahrgang 1989, ehemaliger Postpreis € 21,44 + Zuschläge, Michel-Wert € 121,90, wurde
zu € 4,49, rund 80 % unter Neupreis und knapp 3,5 % vom Michel verkauft.
Der Jahrgang 1990, ehemaliger Postpreis € 10,10 + Zuschläge, Michel-Wert € 64,40, wurde für
€ 4,11, also ca. 60 % unter „Neupreis“ oder rund 6,5 % vom Michel verkauft!
Das sind übrigens keine „Schnäppchen“, keine „Sonderangebote“, das ist ein Preis, der
maximal die Verkaufskosten abdecken soll, einen inneren Sammlerwert haben diese
Massenmarken nicht.
Der Handel dagegen bietet diese Marken als Top- oder Sonderangebot für 30 % und 40 % vom
Michel. Das hört sich dann z.B. in einem „sofort-kaufen-Angebot“ bei ebay im Januar 2011, so
an: „Jahrgang 1989 postfrisch komplett. Pracht! Sofort kaufen € 22,99 (4 Sätze verfügbar!“ Der
Hammer aber kommt erst noch: im Gegensatz zum ebay-Angebot ab € 1,--, fehlen in diesem
Händlerangebot die, C + D-Werte, also die „geschnittenen“, also der lt. Michel wertvollste Teil
dieser Jahrgänge!
Und jetzt nehmen wir an, wir hätten diesen gegenüber dem versteigerten Jahrgang mehr als
fünffachen Preis des Handels tatsächlich bezahlt, oder auch im Internet per „sofort-kaufen-
Angebot“ oder im normalen Internethandel. Da kann einem doch übel werden, oder. Und das
raffinierte dabei ist, daß Käufer zu solchen Preisen, dies oft erst nach Jahrzehnten bemerken,
vielleicht sogar erst deren Erben.
Begründet werden diese maßlos überteuerten Preise übrigens damit, daß der Handel ja
Unkosten für Lagerhaltung, Miete, Personal, Energiekosten und weiteres hat – und ein wenig
Butter möchte auch er auf dem Brötchen haben.
Einleuchtend, aber da ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Deswegen wird man es dem
mitdenkenden Briefmarkensammler kaum verübeln können, wenn er seine Briefmarken dort
kauft, wo er den Preis bezahlt, den sie auch wert sind, den er bei einem Wiederverkauf
wahrscheinlich auch wieder erzielen kann, was bei Massenmarken, wie gesagt, Sammler
denken mit, nicht unbedingt der Fall sein muß.
Manchmal hat man sogar das Glück, ein wirkliches Schnäppchen zu machen, weil man
vielleicht, die Objekte sind ja überwiegend mit Vergrößerungsmöglichkeit eingescannt und man
sollte prinzipiell nur kaufen, wenn man auch sieht, was man kauft, als einziger, oder einer von
wenigen, den wirklichen Wert eines Angebots erkennt.
Ein anderes mal wieder staunt man über die Ergebnisse, wenn mehrere Bieter sich um ein
Objekt „streiten“ (das sind dann meistens Marken, die man selbst auch gerne haben möchte).
Dabei erinnere ich mich speziell an zwei Auktionen, die, eher zufällig, ein ähnliches Ergebnis
brachten.
Da war einmal von Berlin die Mi.Nr. 117 mit einem Katalogpreis von € 3,50. Mit einem traumhaft
zentrischen und zeitgerechten Vollstempel eines Berliner Postamts, wurde sie für sage und
schreibe über € 42,-- ersteigert.
Noch drastischer ging es beim Berliner Block 2, 125 Jahre Berliner Zoo, zu. Bei einem
gestempelten Einzelmarkenpreis von € 2,40, wurde für die vier Einzelmarken, ebenfalls mit
erstklassigen zentrischen und zeitgerechten Vollstempeln eines Berliner Postamts, extrem
erscheinende € 44,05 gezahlt.
Und noch ein tolles Ergebnis dieser Tage: bei einem einheitlich und absolut zentrisch „Berlin-
Charlottenburg“ gestempelten Bund-Heuss-Satz II (kleines Format) mit einem Katalogpreis von
€ 6,50 boten sich drei Interessenten auf unglaubliche € 162,03.
Übertrieben? Nein, seltenes, und das muß man einfach auch akzeptieren, hat seinen Preis.
Was, so stellt sich nun spontan die Frage, stellen in diesem Zusammenhang die Katalogpreise
nun dar?
Sie sind völlig daneben, haben keinerlei Bezug zur Realität.
In den ersten Fällen sind sie viel zu hoch, in den letzteren wiederum viel zu niedrig. Und, glaubt
man, sie liegen dann mal richtig, wird man vom Handel, will man zu den dort fast üblichen
üblichen 30% vom Michel kaufen, wieder eines Besseren belehrt: dieses Objekt sei stark
unterbewertet.
Was jedoch das ganze entschuldigen könnte, ist der Umstand, daß Katalogpreise
Händlerpreise sind, die mit dem eigentlichen Sammlerwert einer Marke absolut nichts zu tun
haben. Nur, warum sagt man das den Sammlern nicht klar und eindeutig?
Aber, und das sollte die Quintessenz aus diesen Umständen sein, billiges muß billig sein und
gutes und besonders sehr gutes einen Preis haben, der einem Sammlerwert und nicht einem
total überzogenen Verkaufspreis entspricht.
Und, genau so logisch sollte es sein, zumindest, wenn man darüber nachdenkt, daß der
massenhafte wertlose „Schrott“, den man vom Versandhandel als „unglaubliche
Sonderangebote“ selbst mit einem „fast-geschenkt-Preis“ noch immer um 100% überteuert ist.
Man erkennt im Internet den Schrott, erkennt, was sammelunwürdig ist und kann wunderbar
herausfinden, was gesucht, was besonders ist. Eine besondere Quelle für Insiderwissen ist es
allemal.
Nein, natürlich ist nicht alles Gold was glänzt und, das weiß jeder, auch, manche sagen ganz
besonders, im Internet tummeln sich eine Unmenge kleinere und auch größere Kriminelle. Oder
wie soll man einen „Verkäufer“, der manipulierte Marken, also nachgezähnte, falsch
gestempelte, nachgummierte oder entfalzte Marken mit „kunstvollen“ Beschreibungen und
Bezeichnungen wie z.B. „ohne Obligo“ anbietet, sonst bezeichnen? Oder wie soll man
„Verkäufer“ bezeichnen, die ihrem Angebot den Satz „Privatverkauf, daher keine Rücknahme“
anfügen? Hat eine Marke versteckte Mängel, ist gar manipuliert oder wird als „falsch“ geprüft,
muß eine Rücknahme erfolgen! Es kann doch nicht sein, daß dem Betrug Tür und Tor geöffnet
wird!
Deshalb Augen auf und an alles erst mal mit einem gesunden Mißtrauern herangehen! Der, der
dies nicht tut, wird betrogen, und bei Briefmarken ist so etwas immer ein Totalverlust.
Aber dem kann man weitestgehend begegnen, indem man seine Philosophie der höchsten
Qualität, gepaart mit möglichst viel Wissen, konsequent lebt und kompromißlos danach handelt.
Ist ein Angebot nicht klar, nicht eindeutig erkenn- und vergrößerbar abgebildet, sollte man nicht
bieten. Finger weg!
Vor einiger Zeit „feierte“ ein Betrieb, einer von mehreren, für das Reparieren von Briefmarken,
also Nachzähnen, neu Zähnen, Nach- und Neugummierungen, Entfernung von Falzen, Flicken
von Beschädigungen und vieles mehr, mit einem großen Inserat in der DBZ ein „erfolgreiches“
25-jähriges Jubiläum - und dankte seinen vielen Kunden für ihre Treue.
25 Jahre! Was ist in dieser Zeit angerichtet worden? Und all diese manipulierten Marken sind
ALLE 100 %ig im Umlauf, in Sammlungen, den Dublettenalben und im Angebot der
Briefmarkenlobby. Die werden spätestens dann entdeckt, wenn ein potentieller Erwerber sie
prüfen läßt – unverkäuflich, wertlos.
Durch die Abbildungen (dran denken, ohne klare Abbildung kein Kauf!) im Internet kann man
z.B. nachgezähnte Marken relativ leicht erkennen. Die Originalzähnung der Briefmarken liegt
immer auf einer Linie, kein Zähnungsloch liegt tiefer als daneben liegende. Oft, nein, sehr oft
kann man diese Manipulationen schon mit bloßem Auge erkennen. Sicher kann man sich aber
sein, wenn man auf den Vergrößerungsmodus geht und dann ein Blatt Papier zwischen dem
ersten und letzten Zähnungsloch einer Reihe austariert.
Nachgezähnte Marken sind wertlos! Und eine besondere Grausamkeit gegenüber der
gutgläubigen Sammlerschaft manifestiert sich darin, daß Prüfer zwar mit einer kleinen externen
Notiz auf die Manipulation einer solchen Marke hinweisen – sie aber nicht als manipuliert
kennzeichnen, also quasi aus dem Verkehr ziehen. Zurück beim „Sammler“ wird logischerweise
ein neuer Dummer gesucht, der, wenn er Glück hat, diese Marke auch wieder prüfen lassen
möchte, auch wieder mit diesem externen Vermerk zurückbekommt – und jetzt wiederholt sich
das so lange, bis ein ganz Dummer gefunden wurde, der nicht prüfen läßt - und die Wahrheit
erst beim Verkaufsversuch zig Jahre später erfährt, oder gar erst dessen Erben.
Prüfer von z.B. Bund- oder Berlinmarken benötigen derzeit bis zu 6 Monaten Zeit für eine
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Prüfung. Deswegen darf man bei einem Anbieter, der keine entsprechende Prüfungs- und
Rücknahmegarantie bei „Falschprüfung“ gibt, auf keinem Fall kaufen! Mit der Formulierung
„Privatverkauf, keine Rücknahme, keine Garantien“ nimmt sich ein Verkäufer das Recht, mit
wertlosem, gefälschtem oder mangelhaftem Schrott ohne Risiko Geld zu machen.
Finger weg!
Lots und Sammlungen sind immer OHNE Prüfgarantie, da ist immer jegliches
Reklamationsrecht ausgeschlossen. Logisch an sich, denn es gibt einen Gesamtpreis, Marken
können ausgetauscht werden und vieles andere mehr. Demnach kann einer als „falsch“
geprüften Einzelmarke daraus auch kein Preis zugeordnet werden. Im Grunde heißt das auch:
Finger weg. Hie und da ist sicher auch mal was gutes dabei, da hilft dann nur umfangreiches
Wissen, gepaart mit einem deutlichen Bauchgefühl und einer gewissen Risikobereitschaft.
Ich muß sagen, ich mag es nicht, wenn ich wegen weniger eventuell guter Marken einen „Berg“
Schrott erwerbe, den ich nun mühsam „entsorgen“ muß.
„Ohne Obligo“, also ohne jegliche Garantien, bedeutet immer gefälscht, manipuliert wertlos.
Wenn ein Anbieter schreibt, er wüßte nicht, ob seine angebotenen Marken echt sind, kann man
auch sicher sein, daß es sich um Fälschungen handelt. Das ist eine indirekte Umschreibung
des Ausschlusses einer Reklamationsmöglichkeit. Eine tiefst geprüfte Marke erzielt immer einen
relativ hohen Preis, warum läßt dieser Anbieter nicht prüfen?
Neben der Nachzähnung sind Falschstempel eine fast biblische Plage. Dies betrifft
insbesondere die Anfänge von Berlin, Bund, DDR, Saar, aber auch jedes andere Gebiet. Selbst
z.B. die letzten Ausgaben von Berlin, also die Frauen und die SWK, sind davon betroffen. Hier
hilft nur eins: keine ungeprüfte Marke kaufen, Minimum sollte jedoch eine Prüfgarantie sein, die
eine ausreichende Zeit für eine Prüfung (ca. ½ Jahr) läßt.
Bei der Gelegenheit auch nochmals der Hinweis, daß derzeit nur Marken geprüft werden, die
einen Mindestkatalogpreis von ca. € 20,-- bis € 25,-- haben, also nicht zur Kategorie „Marken
mit geringem Handelswert“ zählen.
Wenn man Besonderes sammelt, wird man oft feststellen, daß man kleine und vermeintlich
unbedeutende Werte, z.B. aus Sätzen, in der gewünschten Qualität kaum findet! Man wird
weiter feststellen, daß sie, wenn man sie dann doch mal irgendwo findet, sehr teuer sind. Mit
ihren relativ viel zu niedrigen Katalogpreisen zählen sie nicht zu den prüfbaren Werten. Da kann
man nur hoffen, daß die Stempel echt sind, einen vielleicht das berühmte Bauchgefühl nicht
enttäuscht hat.
Wie gesagt, ich empfinde das Internet als ideale Bezugsquelle für meine Briefmarken.
Allerdings bin ich, und das sollte auch jeder unbedingt verinnerlichen, konsequent stur in
meinem Qualitätsdenken und in meinen Ansprüchen an die Abläufe.