Kataloge
Daß Spezialkataloge empfehlenswertesten sind, wurde schon gesagt.
Mancher wird das spontan akzeptieren - und dann aber vor Schreck erstarren, wenn er erfährt,
daß z.B. jeder der zwei Michel-Spezial-Kataloge Deutschland, einmal bis 1945 und der zweite
Band für die Zeit danach, über € 70,-- (Jahrgang 2011) kostet.
Die Schreckstarre löst sich dann jedoch bald, denn der Händler sagt ihm, daß er Kataloge
schon auch für unter € 10,-- bekommen kann.
Daß der Kauf dieser „kleinen“ Kataloge buchstäblich rausgeworfenes Geld ist, erschließt sich
nicht sofort, da muß man tiefer in die Materie eindringen.
Tiefer, nein, noch tiefer, ja, genau ....
Die Entscheidung für ein Sammelgebiet wurde getroffen, alles Minderwertige, nicht
Sammelwürdige aussortiert und VERNICHTET. Nun kann man beginnen, weitergehende
Informationen zu seinem Spezialgebiet zu suchen. Je mehr man über sein Gebiet weiß,
um so weniger kann man über den Tisch gezogen werden – und es ist unglaublich, wie
oft das versucht wird.
Kataloge können da ein sehr gutes Hilfsmittel sein, sind aber mit großer Vorsicht zu genießen.
Nun weiß man, daß die dort genannten Briefmarkenpreise nicht den Sammlerwert der
Briefmarken darstellen, sondern die Verkaufspreise des Handels sind – und nur des Handels.
Denn, wenn man eine beliebige Briefmarke im Handel kauft, wird man immer einen Preis
bezahlen, der um ein vielfaches über dem liegt, den man selbst bei einem Verkauf für diese
Briefmarke erzielen wird.
Die meisten Sammler glauben unerschütterlich daran, daß diese Katalogpreise den Wert
darstellen, den ihre Briefmarken haben, wollen nicht wahrhaben, daß die
meisten Briefmarken absolut wertlos sind.
Die Briefmarkenlobby tut, weil sie ja so diese wertlose Zeug teuer verkaufen kann, gegen
diesen Irrglauben absolut nichts. Zur, ich nehme an, Beruhigung ihres Gewissens, rufen
manche dieser Lobbyisten manchmal leise mahnend, die Sammler sollen sich nicht reich
rechnen. Genau das hat mir auch mal ein Michel-Mitarbeiter auf eine “Verständnisfrage“ nach
einer unklaren Bewertung geantwortet.
So verkauft der Handel z.B. postfrische Marken von Bund, Berlin und der DDR ab Mitte der
50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu 30 % bis 40 % vom Michel, während man diese
Marken im Internet, z.B. bei ebay, zu ca. 10 % bekommen kann – dort jedoch vom ehemaligen
Postpreis. Das heißt also, man zahlt im Handel einen Preis, der wirklich maßlos über dem
Sammlerwert liegt und bei einem Verkauf nie mehr realisiert werden kann, während man den
des Internets wahrscheinlich immer wieder bekommen wird.
90%ige Verluste im Moment des Kaufs sind so der Normalfall.
Der Handel sagt dem Sammler, daß zu einem fiktiven Preis, wohl dem, den der Sammler bei
Internetauktionen bezahlen muß und der wohl den echten Sammlerwert darstellt, Miete,
Personalkosten, Energie, Steuern, sonstige Kosten und natürlich seine eigene
Lebenshaltungskosten hinzuzurechnen sind. Er will ja schließlich auch leben.
Das ist prinzipiell in Ordnung und ein übliches Geschäftsgebaren.
Allerdings nicht, wenn mit Wertlosem und solch unlauteren „Kalkulationen“ die Gutgläubigkeit
der „Kunden“ mit Füßen getreten wird.
Also ist ganz klar, die Sammler können das nicht akzeptieren!
Und eine weitere, logische, daraus resultierende Erkenntnis ist neben der, daß
„Katalogbewertungen“ unsinnig sind, die, daß man wegen der „Katalogbewertungen“ auf
keinen Fall Briefmarken-Kataloge kaufen sollte oder muß.
Somit bleibt als einziger Grund, warum man einen Katalog kaufen sollte der, Informationen zu
seinen Briefmarken, zu seinem Sammelgebiet zu bekommen.
In und für Deutschland gibt es u.a. mehrere „kleine“ Kataloge, die jedoch allesamt fast gar kein
bis sehr wenig Wissen vermitteln. Sie listen meist „dumpf“ lediglich verausgabte Briefmarken
auf, haben etwas differenzierte, aber doch ähnliche Händlerpreisempfehlungen und, wir
erinnern uns, für Sammler irrelevante, also unsinnige Bewertungen.
Sehr negativ fällt dabei auf, daß vor allem junge und jüngste und somit oft uninformierte
Sammler besonders durch fehlende Angaben auf falsche Fährten gelockt werden. So sind im
Michel-Junior (es wird also der Eindruck erweckt, das sei ein Katalog für die Junioren), z.B. bei
der DDR bei gestempelten Ausgaben nur massengestempelte aufgeführt und bewertet, die
wertvolleren gebrauchsgestempelten verschweigt man einfach. Markenheftchen und
Zusammendrucke sind nicht mal erwähnt, aber nicht ein FDC und kein ETB wird vergessen.
Wenn man all das bedenkt, dann sind diese Kataloge trotz Preisen von unter € 10,--, maßlos
überteuert und im Grunde zweckfrei.
Einige Standardkataloge beinhalten zwar etwas mehr Information, bei weitem aber nicht genug,
um informativ zu sein. Und dafür sind sie dann auch wieder viel zu teuer.
Einzig ideal sind, die Markenbewertungen unbeachtet, Spezial-Kataloge. Nur sie geben dem
ernsthaften Sammler Auskunft auf alle seine Fragen, besonders auch auf seine zukünftigen.
Wenn ich an mein Spezialgebiet „Berlin“ denke, dann ist es ideal, neben dem Deutschland-
Spezial, Spezial-Kataloge für Markenheftchen und Zusammendrucke, für Rollenmarken und
sogar solche für einzelne Serien, wie „Die Plattenfehler der Berliner Bauten I 1949 – 1958“ von
Alfred Lippschütz, oder über die Randzudrucke wie Druckerzeichen, Formnummern und
anderes zu haben.
Uninteressant erscheint dagegen der Briefekatalog, zumindest für Bund, Berlin und DDR.
Erstens sind auch hier die Preise nicht nachvollziehbar und, entscheidender, die Bewertung
erfolgt meist völlig undifferenziert, also ohne sie einer bestimmten Versendungsart zuzuordnen
oder zuordnen zu können, als einheitliche Einzel- (EF) oder ebensolche Mehrfach- (MeF) oder
Mischfrankaturen.
Die meisten Portostufen, und die müssen ja beim Briefesammeln stimmen, kann man sich
übrigens aufgrund der Postgebührenangaben im Deutschland-Spezial-Katalog z.B. im
Vorspann zu Bund (für Bund und Berlin), der DDR und anderen Gebieten ausrechnen.
Eine Bewertung bestimmter Versendungsarten kann nur von subjektiven Empfindungen und
Erfahrungen hergeleitet werden.
Von diesem Briefekatalog also mal abgesehen, wie anders, als mit Spezialkatalogen, sollte man
sein Spezialgebiet also sonst sammeln und beherrschen können?
Hier macht sich auch wieder die Spezialisierung sehr positiv bemerkbar. Nicht einen für dieses
oder jenes, ein Katalog für sein Gebiet, fertig.
Und irgendwann, heute sogar schon machbar, wird man sich seinen Katalog für nur sein(e)
Spezialgebiet(e), für z.B. Bund, Saarland, DDR, Berlin oder gar z.B. nur Zusammendrucke
ausdrucken lassen und im Internet im kostenpflichtigen „Abonnement“ Einblick in andere
interessierende Kataloge nehmen können.
Logisch ist, daß die Katalog-Hersteller möglichst viel Umsatz machen wollen. Da die Menge der
Briefmarkensammler, nicht zuletzt wegen der unsinnigen Katalogpreise (für den Katalog und die
Markenpreise), denen die Sammler einmal vertraut haben, in den letzten Jahren jedoch stark
abgenommen hat und somit die Zahl potentieller Käufer immer mehr schrumpft, versucht man
das wohl dadurch zu kompensieren, daß man die Verkaufspreise der Kataloge ständig anhebt.
Seit Einführung des Euros kam es bei den Michel-Katalogen zu einer wahren Preisexplosion.
Kostete 2000 / 2001 der Deutschland-Spezial (alles in einem Band) noch ca. € 20,--, dann
waren es 2010, zwischenzeitlich in zwei Bänden, je Band über € 70,-- (versiebenfacht), ja, und
der 2011er kostet schon € 74,-- (nur knapp 6 % mehr). Und wenn wir mal ganz simpel weiter,
dann kostet spätestens der 2018er schon über € 100,--.
Schade, daß es keine Sammler-Lobby gab und gibt.
Diese hohen Preise für diese Kataloge relativieren sich jedoch etwas, wenn man folgende
Überlegung anstellt: einerseits sind die Katalogpreise für Briefmarken uninteressant, für
Sammler nicht nachvollziehbar, müssen also nicht beachtet werden und, andererseits die
Spezialangaben zu den einzelnen Briefmarken, bei mir Berlin, ändern sich so gut wie nicht,
haben quasi dauerhaften Bestand.
Folglich kann man seinen Spezialkatalog jeweils mehrere Jahre nutzen, bis er, sagen wir mal,
auseinanderfällt. Und nun erscheint der hohe Kaufpreis für einen Spezialkatalog plötzlich gar
nicht mehr so unerträglich, man spart durch diese selten wiederkehrende Geldausgabe sogar
sehr effektiv. Und wenn man trotzdem daran interessiert ist, wie und ob sich die Katalog-
(Händler) Preise entwickeln, vielleicht irgendwann sogar dem Sammler wieder Nutzen bringen,
dann kann man ja auch mal einen der „kleinen“ Kataloge ergänzend dazu kaufen, natürlich den,
mit dem höchsten Informationswert.
Der junge, der neu beginnende, der gelegentliche Sammler braucht, solange er noch „wild“
sammelt, sich nicht auf ein Gebiet festgelegt hat, nicht unbedingt einen Katalog, obwohl, über
den Tellerrand zu schauen nichts schadet.
Aber, es kommt sowieso zwangsläufig der Tag, an dem man das Verlangen nach einem Katalog
verspürt – und dann sollte man dem nachgeben. Dann tut es auch mal, wenn man ihn
überhaupt bekommt, ein „alter“, ein gebrauchter, denn die Informationen, die man sucht, ändern
sich ja nicht - und, zur Erinnerung, die Katalogpreise für die Briefmarken sind irreführend,
uninteressant und realitätsfremd.
Für alle gilt jedoch: der ernsthafte Briefmarkensammler braucht Wissen und, nachdem die
kleinen Kataloge das absolut nicht vermitteln, möglichst umfangreiche Spezialkataloge. Es ist
wichtig, dann, wenn eine Frage auftaucht, auch eine Antwort zu finden oder gar mal eine
Antwort auf eine nicht gestellte Frage zu bekommen. Wissen sollte immer auf einem aktuellen
Höchststand sein - und das erreicht man halt am besten mit möglichst umfangreicher, vor allem
neutraler Literatur.
Spezialtipp:
Für mich sind die Spezialkataloge nicht nur dann interessant, wenn ich „über“ meinen
Briefmarken sitze, nein, ich habe ihn auch sonst oft in der Hand, lese ihn einfach und immer
wieder. Es macht Spaß, die vielen kleinen Hinweise und Details zu finden!