Der Briefmarken-Markt
Da klingt ja nun überall schon an, daß man als ernsthafter Briefmarkensammler das Besondere
sammelt, keine Massen-, keine 08/15-Ware.
Und prompt wird man mit der Regel konfrontiert, daß Gesuchtes seltener bis sehr selten zu
finden, und, logisch, auch teurer ist.
Schaut man sich den Briefmarkenmarkt mal näher an, stellt man sehr schnell einerseits
logische, andererseits seltsame, ja, höchst unehrliche Strukturen fest.
Und dieser Markt ist aufgeteilt, effektiv und rein kommerziell organisiert.
Der eigentliche Kern des Briefmarkensammelns, der Mittelpunkt, der Sammler, ist allerdings zur
reinen „Melkkuh“ verkommen, nur noch Zielobjekt für höchst zweifelhafte Machenschaften. Man
sagt ihm, was er zu sammeln hat, was er für richtig, was für falsch zu halten hat.
Allerdings „mucken“ die Briefmarkensammler auf, wehren sich, denken plötzlich selbst.
Dem Sammlermarkt gehören alle an, vom sammelnden Kind bis zum Sammler der absoluten
Spitzenklasse.
Während Kinder und / oder „Neubeginner“ sich zu Beginn im Tausch, im Postamt oder der
täglichen Post die gesuchten „Papierchen“ besorgen, werden, vielmehr sollten sie, dann alsbald
die Möglichkeiten der Vereine nutzen.
Manchen der „verbohrten Altsammler“ mag erstaunen, daß Sammler der Top-Klasse auch „nur“
Briefmarkensammler sind. Und noch erstaunlicher wird es für viele klingen, daß so mancher
Top-Sammler früher mal ein Kind war, das Briefmarken gesammelt hat.
Und völlig vergessen, nein, aus Egoismus unterdrückt wird, daß die heutigen Jungsammler,
wenn alles gut geht, später mal „gesetzte“ Sammler sein werden, manche sogar zu „Top
Sammlern“ werden.
Logisch, daß die jeweilige „finanzielle Ausstattung“ für die spätere Werthaltigkeit einer
Sammlung ausschlaggebend ist – nicht aber für die Intensität der Ausübung, für den Spaß, den
man dabei empfindet.
An sich klare Erkenntnisse und doch wird dies von der „Briefmarkenlobby“ aus rein
kommerziellen Gründen in eine Zweiklassen-Gesellschaft umgedeutet. Hier die finanzstarken
Top-Sammler (häufig besser Investoren), dort die zumindest uninformiert gehaltenen
potentiellen Käufer jeglichen Schrotts.
Briefmarken gibt es in unermeßlicher Zahl und in noch viel mehr Varianten. Das beginnt in einer
nahtlosen Abstufung bei der beschädigten, nicht prüfbaren, wertlosen, postfrischen,
massenhaften Einzelmarke, über Schönes, nicht so Häufiges, Gesuchtes, Bestgestempeltem
bis zu Außergewöhnlichem, Seltenem, zu Weltraritäten, also von wertlos bis kostbar, oft extrem
Teurem. ?????
Für jeden der vielen unterschiedlichen Ansprüche an das Briefmarkensammeln haben sich
unterschiedliche „Vertriebswege“ gebildet. Das beginnt, wie schon genannt, im privaten Tausch,
Kauf und Verkauf, später dann auch in den Vereinen. Bis dahin sind die Sammler, oder sollten
es zumindest sein, unter sich.
Da in jedem Sammler auch ein Käufer, ein Händler, ein Verkäufer steckt, ist es klar, daß sich da
eine Unzahl von privaten und gewerblichen Briefmarkenhändlern als „Zulieferer“ etabliert hat.
Beginnend mit dem früher recht starken, zwischenzeitlich vom „Aussterben“ bedrohten,
stationären Händler mit Ladengeschäft über Versandhändler bis zu den Auktionshäusern.
Bei den international tätigen Auktionshäusern finden die weltweiten Spitzenobjekte der
Philatelie und die finanzstärksten Briefmarkensammler zusammen. Solche Häuser wirken auf
die seltensten Marken, Sammlungen und Belege wie Magneten. Finden sich dort für ein und
das selbe Objekt mehrere Interessenten, dann gehen die Preise schon mal in
schwindelerregende, ja irrationale Höhen. Da verschwimmen Unterschiede zwischen
Briefmarkensammeln und Kapitalanlage, bilden eine höchst effektive Symbiose.
Während bei honorigen Auktionshäusern die durchgehende Qualität des angebotenen Materials
die Basis für deren Ansehen und Erfolg ist, sind viele andere Häuser da wenig zimperlich. Da
verkommt die „Versteigerung“ zur Farce, Schönfärberei und Täuschung begleiten einen
raffinierten Vertriebsweg, auf dem die Sammler auf der Strecke bleiben.
In der „Hierarchie“ der Vertriebswege ordnet sich mit breitem, äußerst unterschiedlichem
Qualitätsspektrum eine Unzahl an Versandhändlern ein, denen eines gemein ist, alle haben das
Gleiche im Angebot. Das Gute, das Gesuchte fehlt!
Klar, denn Sammelwürdiges ist in der Philatelie ein relativ knappes Gut und das meiste davon
steckt in vielen guten und sehr guten Briefmarkensammlungen. Auktionshäuser suchen
händeringend nach bestem Material, wenige gute, „kleine“ und honorige Händler und
Auktionshäuser filtern das Gute heraus – und dann ist halt für die riesengroße Zahl von
„Händlern“ einfach nicht mehr viel Sammelwürdiges übrig.
Statt sich nun von diesem Markt zu verabschieden, treten diese Leute traditionell eine
fragwürdige Flucht nach vorn an.
Auf einer Ebene, wo der Sammler oft mangels Wissen, irregeführt von einer „lautstarken“
Briefmarken-Vertriebs-Lobby, in der sogar ein sogenannter Sammlerverband mitwirkt,
schöngeredeten Sonderangeboten, massenhaft für ihn Gefertigtes, weiß der Sammler
schließlich nicht mehr, was sammelwürdig ist, welche Preise für ihn Relevanz haben – und ist
letztendlich einfach der „Gelinkte“.
Aus diesem unehrlichen Verwirrspiel heraus werden Sammlern für ihre Sammlungen, die den
Händlern schon von sich aus wunderbare Argumente für deren „Wertlosigkeit“ mitliefern,
Spottgelder geboten, dann „auseinandergepflückt“, das Gute teuer verkauft und das Wertlose,
der Schrott, mit wahrlich betrügerisch anmutenden Formulierungen als Sonderangebote mit
„irren“ Nachlässen wieder an die Sammler verhökert. Wohlgemerkt: Wertloses, Schrott, selbst
zum Verbrennen ungeeignet.
Da wird erklärt, daß Sammlerpost philatelistisch beeinflußt und damit „quasi“ wertlos sei und
gleichzeitig massenhaft, nicht sammelwürdiges Machwerk wie Schmuck-Ersttagsbriefe,
Ersttagsblätter, Messebelege und unglaublich vieles mehr, produziert und überteuert verkauft –
das alles unterstützt durch völlig irreale Katalogbewertungen.
Da werden jungen, unwissenden Sammlern Abonnements aufs Auge gedrückt und unsinnige
Vordruckalben angedreht, die alles verfügbare Kapital verzehren und, noch viel schlimmer, es
vernichten.
Und das Allerschärfste ist, daß die Briefmarken-Lobby (so ein Herr Hövelmann, Journalist beim
„Bundesverband“ und gleichzeitig einer - von ihm sogenannten - „überwiegenden“
Händlerzeitschrift, der DBR), dies damit rechtfertigt, daß die Händler schließlich ihre Miete,
Energie- und Personalausgaben, ihren Verdienst und vieles andere auf die Verkaufspreise
aufschlagen und, man höre und staune, von Kaufpreisen abziehen müßten. Dabei ist die
Kalkulation bemerkenswert.
Der Sammler als Versorgungswerk für den Handel? Toll!
Preisfrage: Welchen Gewinn macht ein Händler, wenn er ein wertloses Objekt zu 40 % vom
Michel verkauft? Klar, 100 %. Und die zweite Frage: woher kommen diese 100 %? Logisch,
vom Sammler, denn der macht ja 100 % Verlust.
Fazit: Ein äußerst unehrlicher Markt, dem man nur dadurch begegnen kann, in dem man
wirklich nur Sammelwürdiges sammelt und von aller Art Sonderangeboten, von
Schnickschnack, von Machwerk, also für Sammler Produziertem, die Finger läßt.